Dieser Frage gingen in der vergangenen Woche Unternehmerinnen und Unternehmer aus Oberhausen gemeinsam mit den Veranstaltern der Arbeitsagentur Oberhausen, des Verbandes deutscher Unternehmerinnen und der OWT Oberhausener Wirtschafts- und Tourismusförderung GmbH nach. Das Event fand im Rahmen des Oberhausener Netzwerkes FRAUENFAIR-NETZT statt, wobei zu diesem Thema nicht nur Unternehmerinnen, sondern auch Unternehmer herzlich willkommen waren.

Der Rhein-Herne-Kanal in Oberhausen

Bildunterschrift: v.l.n.r: Julia Steiner, Nicolas Korte, Dr. Petra Schwarz, Dr. Christine Trzaska (VdU), Marion Steinhoff (Arbeitsagentur), Martin Hinzmann (OWT GmbH)

Foto: Katja Hübner 

Erste Einblicke in agile Unternehmen und deren Erfolgsrezept gaben die Veranstalter den Anwesenden direkt zu Beginn des Events. Sie präsentierten einen halbstündigen Auszug des Films Musterbrecher.

Mit Musterbrechern sind Unternehmen gemeint, die bestehende Prozesse hinterfragen, neue Wege gehen, den Mut haben eingefahrene Muster zu verlassen, die Mitarbeitenden in die Entscheidungen aktiv einbeziehen und diese sogar wichtige Entscheidungen für das Unternehmen treffen lassen. So zeigt der Film Beispiele von Betrieben, in denen die Beschäftigten bestimmen, wie viel am Ende auf ihrem Gehaltskonto steht, wann und von wo aus sie arbeiten möchten oder welche operativen Prozesse im Betrieb verändert werden sollten, um noch effizienter und erfolgreicher sein zu können.

Doch was bedeutet agil in dem Zusammenhang überhaupt? Wodurch zeichnet sich ein agiles Unternehmen aus und was machen die Verantwortlichen anders (eventuell besser) als andere Arbeitgeber? Darüber diskutierten in einer von Dr. Petra Schwarz aus Münster moderierten lebendigen Talkrunde Julia Steiner, Mitglied der Geschäftsführung der Evers GmbH mit Sitz in Oberhausen, und Nicolas Korte, Coach für Agile Transformation, mit den Veranstaltern und anwesenden Gästen.

Julia Steiner berichtete von ihren Erfahrungen aus 15 Jahren Berufsleben: „Für mich hat Agilität eine positive Signalwirkung, denn es bedeutet, Veränderungen nicht hilflos als „Reaktionsautomat“ ausgeliefert zu sein. Agilität bedeutet vor allem Wertschätzung. Gemeinsam mit unserem Team hinterfragen wir Prozesse frühzeitig und entwickeln neue Strukturen mit dem Ziel der Erhöhung des Kundennutzens“, betont Julia Steiner, und fügt hinzu: „Die richtige Dosierung von Agilität ist aus meiner Sicht ein Kernerfolgsfaktor gepaart mit einer wertschätzenden Personalentwicklung, die das Team entsprechend der persönlichen Bedürfnisse und der individuellen Arbeitspräfenz-Struktur bedarfsorientiert mit auf die Reise nimmt.“

Die erfolgreiche Unternehmerin betont, dass nicht jeder ein Musterbrecher ist oder sein möchte, dieser Begriff scheint ihr sogleich viel zu radikal. Für die Geschäftsführerin des mittelständischen Unternehmens bedeutet Agilität auch, jedem Mitarbeitenden den notwendigen Freiraum zu geben und ihn nicht nur nach seinen Kompetenzen, sondern vor allem nach seinen Präferenzen arbeiten zu lassen. Sie ist sicher: Nur wer gerne macht, was er tut, kann die besten Ergebnisse erzielen und ist im Unternehmen dauerhaft glücklich.

Agilitäts-Coach Nicolas Korte berät Unternehmen weltweit und hilft ihnen dabei ihren agilen Weg zu finden. Für Korte steht fest: Agilität braucht vorab immer ein Problem, das zu lösen gilt. Gibt es dieses nicht, ist Agilität nicht die Lösung: „Agilität ist zunächst einmal eine Haltung, nämlich die Haltung dem Kundennutzen alles andere unterzuordnen. Und mit „alles“ meine ich alles, also auch das was uns in unserer heutigen Arbeitswelt unveränderlich erscheint wie z.B. Hierarchien, Richtlinien, feste Strukturen usw. Agil ist nicht die Lösung für jedes Problem, das Unternehmen haben. Deshalb ist es zunächst wichtig, das zu lösende Problem genau zu beschreiben. Ansonsten handelt man nach dem Motto: Wenn jemand nur einen Hammer hat, wird jedes Problem zum Nagel“ und das ist definitiv nicht Ziel von Agilität. Agilität ist die richtige Lösung, wenn der Markt sehr dynamisch ist, sich Kundenwünsche radikal und/oder schnell ändern, Wettbewerber unvorhersehbar verhalten oder schlichtweg, wenn Sie als Unternehmen der „Dynamikerzeuger“ in ihrem Markt sein wollen.“

Der Transformationsexperte fügt hinzu: „Was „Agilität“ genau bedeutet, ist zurecht nur sehr unscharf zu beschreiben. Denn ein wichtiger Teil dieser Agilität ist, dass es kein „Blueprint“ gibt, dass ein Unternehmen vom anderen übernehmen kann, sondern stets individuell herausgefunden werden muss. Dies ist in einer Geschäftswelt, die von „Effizienz“ und „best practise“ beherrscht wird ein echter Paradigmenwechsel, aber die einzige Antwort auf eine Welt der disruptiven Veränderung und steigender Komplexität.“

Am Ende stand die Antwort auf die Frage des Abends fest: Agilität ist definitiv ein Hype, und sie ist auch hilfreich. Dabei ist sie kein Allheilmittel, sondern vielmehr ein Hype, bei dem es zu prüfen gilt, ob es die passgenaue Antwort auf das gestellte Problem ist. Sie ist insbesondere hilfreich in Situationen, die von einer starken Dynamik und Unvorhersehbarkeit gekennzeichnet sind, zum Beispiel bei Krisen.

Beim abschließenden Get together konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer miteinander ins Gespräch kommen, sich austauschen und vernetzen. Zudem wurde bereits über zukünftige spannende Projekte und anstehende Events des Netzwerkes informiert.